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Der Glaube kommt vom Hören

Lebensgrundsätze - Weisheitskraft für's eigene Handeln: Das Hören


Scheinbar altmodische und verstaubte Wörter wie etwa Demut, Aufmerksamkeit oder Geduld fordern mich heraus und doch sind sie und ihre Aussage- und Bedeutungskraft oft klare, helle Wegweiser zur Selbst- und Gottfindung. Sie sind für das gelungene Leben eines Menschen derartig wertvoll, dass wir im täglichen Leben selten und wenn überhaupt, dann mit einer eigenartigen Beklommenheit darüber sprechen:

Jeder Mensch begegnet im Lauf seines Lebens Situationen, die ihn positiv beeindrucken und prägen. Viele entwickeln daraus ihre eigenen Lebensgrundsätze. Manchmal lesen wir auch ganz nichtsahnend ein Buch und stolpern geradezu über einen wichtigen Grundsatz. Er prägt sich uns ein, oder wir markieren ihn am Textrand. Oftmals vergessen wir solche Entdeckungen oberflächlich gesehen wieder. Plötzlich aber, in einer bestimmten Situation, erinnern wir uns wieder daran und erst jetzt erschließt sich uns dann seine volle Bedeutung für uns persönlich. Denn Lebensgrundsätze sind etwas ganz individuell Gewordenes. Was mich zutiefst beeindruckt, überliest oder übersieht mein Nachbar vielleicht ganz und gar. In dieser schier unendlichen Vielfalt spiegelt sich die Kreativität Gottes in Seiner Schöpfung: Sie ist unermesslich groß, unerschöpflich in ihrem Reichtum und unerforschlich in ihrer Tiefe.

Meine ganz persönliche Lebensweisheit wurde bereits vor 2.000 Jahren niedergeschrieben.

Sie leitet sich von einem Wort des Apostels Paulus (Römerbrief 10,17) ab:

Der Glaube kommt vom Hören.

Der Hörende - Von Ernst Barlach

 „Horche hin“

Predigt des Studentenpfarrers Dr. Siegfried Kleymann

am 1. Advent 2009 in der Studentenkirche St. Petri in Münster:
 

1. „Höre Israel!“ Diese Aufforderung begleitet die Glaubenden in der Bibel von Anfang an. „Höre!“ Das zieht sich wie ein Cantus firmus durch die jüdisch-christliche Glaubensgeschichte. Immer wieder werden die Glaubenden ermutigt, gedrängt, eingeladen, hinzuhören. Gemeinschaftlich wie im Buch Deuteronomium: „Höre Israel.“ (Dtn 6,4) Persönlich wie beim jungen Samuel, der erst nach und nach versteht, was Gott mit ihm vorhat: „Rede, Herr, denn dein Diener hört.“(1 Sam 3,9) Immer wieder gibt es die Erfahrung der Taubheit - „Sie haben Ohren und hören nicht!“ (Ps 115,6) – und die fast flehentliche Bitte Gottes: „Hört auf mich, ihr vom Haus Jakob.“ (Jes 46,3); „Horcht auf, hört auf meine Stimme, gebt acht!“ (Jes 28,23) „Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen.“ (Jes 55,2). Jesus stimmt in dieses Werben ein. Immer wieder bittet er um Gehör, ermutigt zum Horchen – „Habt ihr denn keine Ohren, um zu hören?“ (Mk 8,18) „Wer Ohren hat, der höre!“ (Mt 13,9) - und erleidet das Missverstehen seiner Freunde und das Unverständnis seiner Gegner.


2. Wir können hören – und hören doch nicht. Von Kindesbeinen an, schon im Mutterleib, nehmen wir akustische Signale wahr, hören Töne, Stimmen. Wir lernen sprechen, weil wir Angesprochene sind. Wir werden mündig, weil wir vernommen haben, wie andere uns anreden. Doch im Hören erfahren wir eben nicht nur das Glück des Angesprochen-Seins, der zärtlichen Worte, der freundlichen Ermutigung, sondern hören abschätzige Bemerkungen, dahingesagte Kränkungen, falsche Schmeicheleien. An unsere Ohren (und Herzen) dringen eine Fülle von Informationen und widersprüchliche Töne. Wer kennt nicht den Wunsch, abzuschalten und wegzuhören? Wer kennt nicht die Erfahrung, in einem Gespräch mehr mit dem Formulieren eigener Antworten denn mit dem wirklichen Zuhören auf den Anderen beschäftigt zu sein?


3. Werbend und ermutigend trifft uns die biblische Botschaft: „Du kannst hören! Höre! Horche hin.“ Es ist ein Hören, das sich von dem herausfordern lässt, was gehört wird; ein Lauschen, das wahr nimmt und bei dem sich der Hörende von dem berühren und verändern lässt, was er hört. „Hab keine Angst, vor dem, was du hörst – vor den schrillen Tönen, den widersprüchlichen Stimmen, vor dem, was dich im Hören herausfordert und beunruhigt. Du kannst hören: wahrnehmen, unterscheiden, wählen!“ Dieses Zutrauen prägt die biblische Botschaft: „Du als einzelner Mensch kannst deine Berufung, den Ruf Gottes für dein Leben, vernehmen. Ihr als Menschen könnt in einem gemeinsamen kommunikativen Prozess das finden, was für euch – für die Menschheit, für die Schöpfung, für kommende Generationen – gut ist. Habt keine Angst, dass ihr davon überfordert werdet. Hört hin.“


4. Konkret für uns: Wenn wir am kommenden Dienstag in einer offenen Gemeinderatssitzung über die Studienbedingungen reden – im Für und Wider der verschiedenen Positionen; wenn wir zur Zeit Meinungen zur Bankordnung in der Petrikirche erfragen und in einer intensiven Diskussion nach einer praktikablen Form suchen; wenn wir im Adventskalender die Bibelworte in unsere Alltagsrealität hineinhören und vielleicht Unerhörtes vernehmen, dann trauen wir der Gabe des Hörens.


5. „Wir können hören!“ Diese Erfahrung ermutigt auch zum Horchen auf jene Stimmen, die leise sind und leicht überhört werden; auf den Einspruch, der zu stören scheint, und auf die Worte, die unverständlich scheinen; auf die Autorität der Leidenden und Anklagenden. Dass wir auf sie in besonderer Weise hören und helfen, ihre Stimmen vernehmbar zu machen, gehört zu christlichem Hinhorchen. Und die Aufforderung zum Hinhören weckt den Widerstand gegen eine Form des Horchens, das mehr Aushorchen als Hinhören ist und bei dem das Gehörte als Machtmittel, als taktische Information, eingesetzt wird. Wo Menschen dem Lauschangriff anderer Menschen oder mächtiger Institutionen ausgesetzt sind, gilt es, sich in Acht zu nehmen, das Aushorchen offen zu legen und sich gegen diese Bemächtigung zu wehren. Die Wertschätzung des Horchens fordert eine kritische Haltung gegen jeden Missbrauch des Hörens.


6. „Du kannst hören!“ Ich wünsche uns, dass wir das neu erfahren und einüben können: in der Begegnung mit anderen, im konstruktiven Streit, im Lauschen auf die Stimme unseres Gewissens, in der Offenheit für die Herausforderungen unserer Welt, im wachen Hören auf die frohe Botschaft. Horchen wir hin. 

Siegfried Kleymann

 




Einige Projekte und Kooperationen des Klosterstudios:

 

Geistliche Konzerte mit Bibel- oder themenentsprechenden Textlesungen

 * zusammen mit der Gesellschaft der Musikfreunde der Abtei Marienmünster (www.musikfreunde.org)

 * Projekte der City-Pastoral in Münster (www.kirchenfoyer.de)

 * Medienproduktionen für den Verlag Bergmoser & Höller, Aachen (www.buhv.de)

 * CD-Produktionen mit geistlichen Texten und Musik (unterschiedl. Themen und Autoren)

   insbesondere mit dem Franziskanerkloster Bardel / Missionsgymnasium Bardel (www.bardel.de)

 * private CD-Produktionen mit Kindern und für Kinder (Lieblingsgeschichten und Lieblingsmusik)

 





Ein Beispiel von Meditation mit Bild & Ton:

Farbige Gotik + Invitatorium Psalm 81

Viele Menschen träumen sehr zu Recht von einer bunten, farbenreichen Kirche;

und zuweilen tut es gut, Kirche in ihrer farbigen Vielfalt wahrzunehmen.

Und siehe da: Der Glaube kommt vom Hören.

Lassen Sie das Bild mit (und auch ohne) die beigefügte Musik auf sich wirken:

Klicken Sie aufs Bild und Sie hören den 81. Psalm aus dem Alten Testament, auf Deutsch von Benediktinermönchen aus der Abtei St. Ottilien gesungen. Wenn Sie zuhören und innerlich gut loslassen können, kann es sein, dass Sie, je nach Begabung bzw. Kenntnis, in die Tiefe der biblischen Botschaft eindringen oder aber Ihrer ganz eigenen, tieferen Sehnsucht näher kommen. Dabei wird wahrscheinlich auch das zunächst auffällige, farbige Bild weniger bedeutsam werden. Wie auch immer: Es ist immer ein Abenteuer und hört nie auf! - Der Glaube kommt vom HÖREN. Denn er ist immer eine Beziehungssache zwischen mir und Gott.


Hier der Text des 81. Psalms (Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift):

 

1 [Für den Chormeister. Nach dem Kelterlied. Von Asaf.]
2 Jubelt Gott zu, er ist unsre Zuflucht; jauchzt dem Gott Jakobs zu!
3 Stimmt an den Gesang, schlagt die Pauke, die liebliche Laute, dazu die Harfe!
4 Stoßt in die Posaune am Neumond und zum Vollmond, am Tag unsres Festes!
5 Denn das ist Satzung für Israel,  Entscheid des Gottes Jakobs.
6 Das hat er als Gesetz für Josef erlassen, als Gott gegen Ägypten auszog.
   Eine Stimme höre ich, die ich noch nie vernahm:
7 Seine Schulter hab ich von der Bürde befreit, seine Hände kamen los vom Lastkorb.
8 Du riefst in der Not und ich riss dich heraus; ich habe dich aus dem
   Gewölk des Donners erhört, an den Wassern von Meríba geprüft. [Sela]
9 Höre, mein Volk, ich will dich mahnen! Israel, wolltest du doch auf mich hören!
10 Für dich gibt es keinen andern Gott. Du sollst keinen fremden Gott anbeten.
11 Ich bin der Herr, dein Gott, der dich heraufgeführt hat aus Ägypten.
     Tu deinen Mund auf! Ich will ihn füllen.
12 Doch mein Volk hat nicht auf meine Stimme gehört; Israel hat mich nicht gewollt.
13 Da überließ ich sie ihrem verstockten Herzen
     und sie handelten nach ihren eigenen Plänen.
14 Ach dass doch mein Volk auf mich hörte,
     dass Israel gehen wollte auf meinen Wegen!
15 Wie bald würde ich seine Feinde beugen,
     meine Hand gegen seine Bedränger wenden.
16 Alle, die den Herrn hassen,
     müssten Israel schmeicheln und das sollte für immer so bleiben.
17 Ich würde es nähren mit bestem Weizen und mit Honig aus dem Felsen sättigen.
 



 
Du ergründest mein Herz 

Psalm 139 in der Textversion von Huub Oosterhuis

(klicken Sie zum Anhören des Audios das Doppelfoto von Vater und Kind an)

Huub Osterhuis: Du ergründest mein Herz - Psalm 139

Du,
Du ergründest mein Herz,
Du erforschst mich.
Du weißt um mein Gehn und mein Stehn.
Du kennst was ich denke von ferne,
mein Reisen und Wandern, mein Ruhen.
All meine Wege sind Dir bekannt -
jedes Wort, das mir kommt auf die Lippen,
unausgesprochen noch, Du hörst es schon.
Hinter mir bist Du und mir voran,
Du legst Deine Hände auf mich.
Das ist es, was ich nicht begreifen,
nicht denken kann, das ist für mich zu hoch.
Wie dem Hauch Deines Mundes entkommen?
Wohin flüchten vor Deinem Angesicht?
Erklimm' ich den Himmel - da bist Du.
Steig ich ab in die Erde, da find ich Dich auch.
Hätte ich Flügel des Morgenrots, flöge ich über die fernsten Meere,
auch dort: Du - Deine Hand, Deine Rechte, die mich fest hält.
Riefe ich "Finsternis, bedeck mich! Licht, verwandle Dich in Nacht!",
für Dich besteht die Finsternis nicht.
Für Dich ist die Nacht so klar wie der Tag,
die Finsternis ebenso hell wie das Licht.
Deine Schöpfung bin ich mit Herz und Nieren,
Du hast mich gewebt im Schoß meiner Mutter.
Ich will Dir danken dafür, dass Du mich so herrlich gemacht hast.
Meine Seele und Glieder sind Dir bekannt.
In mir war nichts Deinen Augen verborgen,
als ich geformt wurde tief im Geheimen,
prächtig gewirkt im Schoße der Erde.
Ich war noch ungeboren, Du hattest mich schon gesehn,
all meine Lebenstage standen in Deinem Buch,
bevor auch nur einer durch Dich war geschaffen.

Du, Ewiger, ergründe mein Herz,
erforsch mich, prüfe meine geheimen Gedanken.

Mein Weg führt doch nicht in die Irre? -
Führ mich fort auf dem Weg Deiner Tage.
 
Text: Huub Oosterhuis - Musik: Antoine Oomen

 
 
 

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